Die neue Europäische Medizinprodukteverordnung (MDR – Medical Device Regulation 2017/745), mit der am 26. Mai 2020 das alte Medizinproduktegesetz ersetzt wird, sehen viele Dentallaborinhaber kritisch. Diese Verordnung verfolgt das Ziel, Zahnersatzpatienten und Anwender vor fehlerhaften oder risikobehafteten Medizinprodukten zu schützen. Dieses Ziel soll über die Kombination eines neu zu etablierenden Qualitätsmanagementsystems und eines Risikomanagementsystems erreicht werden. Damit soll eine europaweit gleichwertige Prozess- und Ergebnisqualität zahntechnischer Medizinprodukte gewährleistet werden. Überschlägig rechnet der Arbeitgeber Verband Zahntechnik e.V. mit mehr Kosten pro Betrieb im fünfstelligen Euro Bereich per anno, die durch die Dokumentationspflichten jährlich auf den Betrieb zukommen können. Das sei das genaue Gegenteil eines vielbeschworenen Bürokratieabbaus.
Die Kritik von Präsident Manfred Heckens an der Richtlinie bezog sich neben den Kosten auch auf die Gleichsetzung von Zahntechnischen Laboren in anderen Europäischen Ländern ohne ein funktionierendes Ausbildungssystem vergleichbar mit Meisterbetrieben in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Produkt- und Prozessqualität ist nach Aussage von Heckens in Deutschland durch das Prinzip von „Qualität durch Qualifizierung“ bestens gewährleistet und kann durch noch so viele Dokumentationspflichten oder Managementsysteme nicht ersetzt werden. Im dualen System von theoretischer und praktischer Ausbildung mit den im Betrieb und Berufsschule gut ausgebildeten und qualifizierten Zahntechnikern würde die hiesige Laborqualität mit zahntechnischen Produkten, die auf dem Wege des „Learning by doing“ von zweifelhafter Qualität produzierten, gleichgesetzt. Bereits das Medizinproduktegesetz habe Produkte aus solchen Quellen nicht vom Markt fernhalten können. Die Patienten würden in dem Glauben gelassen, dass am Markt verfügbarer Zahnersatz stets mindestens deutscher Meisterqualität entspreche.
Die beste Qualitätssicherung werde in Deutschland bei den Gesundheitshandwerken und anderen gefahrgeneigten Handwerken durch die gesetzlich vorgegebene duale Ausbildung in Verbindung mit der permanenten Meisterpräsenz in den Laboren betrieben. Und nach wie vor zeichne der Zahntechnikermeister für die jeweilige patientenindividuelle Auslegung und die Merkmale der in seinem Betrieb hergestellten zahntechnischen Werkstücke verantwortlich.
Die in der MDR als Sonderfertiger bezeichneten Produzenten von individuellem Zahnersatz müssen ab dem 26. Mai 2020 auch in Deutschland die Vorgaben des MDR erfüllen. Danach ist für jedes Medizinprodukt aus Sonderfertigung ein Risikomanagementplan aufzustellen und zu dokumentieren. Damit verbunden ist die Dokumentation bekannter und vorhersehbarer Gefährdungen, die mit dem Produkt verbunden sein könnten.
Das Risikomanagementsystem sowie das Qualitätsmanagementsystem sind verbunden mit einer klinischen Bewertung und klinische Nachbeobachtung, der Erstellung eines Plans zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen, die eindeutige Kennzeichnung sowie der Erklärung, dass die Sonderanfertigung den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen entspricht.
Wichtig erscheinen die ausführliche Dokumentation und das Vorhalten eines angemessenen Niveaus der Rückverfolgbarkeit. Die Labore haben eine verantwortliche Person für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften zu benennen und ein Meldesystem für schwerwiegende Vorkommnisse und Sicherheitskorrekturmaßnahmen einzurichten. Zudem ist vom zahntechnischen Labor ein System zur lebenslangen Überwachung seiner Medizinprodukte bezüglich Gefährdungen und deren Häufigkeit einzurichten.
Wie diese Vorgabe in der Praxis allerdings umgesetzt werden können, ist mangels Patientenkontakt und einem fehlenden Zugang zu den in der Zahnarztpraxis gewonnenen Erkenntnissen in vielen Fällen fraglich.
Abschließend bekräftigte Heckens, dass die bewährte Überwachung und Kontrolle während der Herstellung durch den Zahntechnikermeister, mit der die Produktqualität bisher gesteuert und gewährleistet wurde, auch in Zukunft nicht vernachlässigt werden dürfe. Damit der Betrieb einen Anhalt zur Umsetzung der neuen EU-MDR bekommt hat der AVZ-Arbeitgeber Verband Zahntechnik e.V. mit seinen Kooperationspartnern einen Leitfaden zur Umsetzung der MDR im Zahntechnischen Labor erstellt, der zum Preis von 27,-Euro über den AVZ in Berlin erworben werden kann.
Ansprechpartner
Manfred Heckens
Präsident
Mobil: 0151 – 27 651 076
AVZ – Arbeitgeberverband Zahntechnik e. V.
Unter den Linden 10
10117 Berlin